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Zinssätze Staatsanleihen EurozoneEurobonds: Eine Obligation für alle
Bundeskanzlerkandidat und sozialdemokratischer Fraktionsvorsitzender Martin Schulz erreicht erste Ergebnisse in den Befragungen und nimmt weiter Fahrt auf. Deshalb sollten Investoren in europäische (und britische) Anleihen ihre Erinnerungen an die fünf Jahre als Präsidentin des Europaparlamentes nachholen. In den Jahren 2011 und 2012, während der Verschuldungskrise in der Eurozone, setzte sich Schulz immer wieder für eine gegenseitige Verschuldung in Gestalt von Eurobonds, d.h. von allen Mitgliedstaaten der Eurozone begebenen Staatsanleihen, ein.
Der Grundsatz dieser Überlegung ist klar: Betroffene Randstaaten würden von geringeren Kosten für die Finanzierung begünstigt. Da die EZB immer mehr darauf vertraut, dass sie "alles tun kann, was notwendig ist", um die Eurozone zu stützen, verringerten sich die Spreads für periphere Staatsanleihen. In der Summe haben sich die Risikoprämien für Wertpapiere der peripheren Länder im Verlauf des vergangenen Geschäftsjahres tendenziell erhöht, wenn auch deutlich weniger als 2011/2012, was darauf schließen lässt, dass die Stellung von Schulz wieder an Gewicht zulegen kann.
Betrachtet man die historischen Spreadniveaus, so deuten die Wertungen der von den Ländern der Euro-Zone begebenen Obligationen auf ein gestiegenes Belastungsniveau an einigen Anleihemärkten hin. Die Spanne der 10-jährigen Staatsanleihen über 10-jährige deutsche Staatsanleihen beläuft sich auf rund 1,3% und entspricht damit nahezu dem Mittelwert der Vorjahre. Der Renditespread auf 10-jährige italienische Staatsanleihen ist nur einen halben Prozentpunkt größer (1,8%), was in absoluten Zahlen nicht viel zu sein schien.
In den vergangenen zehn Jahren war der Abstand geringer als zwei Dritteln der derzeitigen 3,7%. Die Renditeprämie für deutsche Staatsanleihen ist mit 7,0% die größte unter den Peripherieländern, aber unterdurchschnittlich. Angenommen, der von Schulz vorgeschlagene gemeinsame 10-jährige Euroanleihen wird der Vollendung wegen durchgesetzt.
Zwar würden die Renditeprämien der Peripherieländer umgehend wegfallen, aber welche Renditen können Investoren von Euroanleihen erhoffen? Bis auf Estland haben alle Staaten der Eurozone Staatsanleihen ausstehend. Der GDP-gewichtete Ertrag trägt der wirtschaftlichen Stärke der Staaten und damit ihrer Möglichkeit Rechnung, das Geld der Steuerzahler einzuziehen und Forderungen zu begleichen. Aufgrund des großen Bruttoinlandsprodukts hat Deutschland eine große Bedeutung.
Die Durchschnittsrendite fällt dadurch auf 1,2%, was in etwa dem Wert der derzeitigen 10-Jahresrendite in der Slowakei entsprich. Wenn dies die effektive Verzinsung der Euroanleihen wäre, würden sich die Finanzierungsaufwendungen für Deutschland über einen Zeitraum von zehn Jahren etwa verdreifachen, während die Erträge für die Peripherieländer erheblich sanken. Die fremdkapitalgewichtete Verzinsung spiegelt dagegen den Gearing Ratio und die Kreditwürdigkeit der Staaten wider.
Wegen der großen Verschuldung ist die italienische Staatsquote hoch und treibt den Durchschnittswert auf 1,6%, was der derzeitigen Zehnjahresrendite Maltas und dem Vierfachen der deutschen Zehnjahresrendite entsprich. Der fragmentierte europäische Markt für Staatsanleihen würde durch die Einführung einer gemeinsamen Eurobondkategorie grundlegend verändert und wesentlich mehr standardisiert.
Die baldige Aufnahme von Eurobonds ist wenig wahrscheinlich. Neben dem potentiellen "Moral hazard", das eine gegenseitige Verschuldung mit sich bringen würde, und den eventuellen Widersprüchen zum Vertrag von Lissabon gibt es in Deutschland beträchtliche Hürden. Bundeskanzlerin Merkel, Bundesfinanzminister Schäuble und andere konservative Parteimitglieder von CDU und CSU haben Eurobonds in der vergangenen Zeit immer wieder abgelehnt.
Aber selbst wenn Schulz nach der Bundestagswahl ohne CDU/CSU-Block eine solide Parlamentsmehrheit erreichen würde, würde er die Debatte über Eurobonds wirklich wieder eröffnen? Kein Wunder, dass die Idee der Eurobonds in Deutschland nicht sehr populär ist, was vielleicht erklären mag, warum er das Problem in jüngster Zeit nicht angesprochen hat, als er jetzt in Berlin für den Kanzler antritt.