Für eine erfolgreiche Geldanlage ist es wichtig, die infrage kommenden Anlageprodukte zu verstehen …
Zinskurve
ZinsstrukturkurveDie Verflachung der Zinskurve ist in den USA von Bedeutung.
Warum sollten Investoren auf einmal mit sinkenden Zinssätzen rechnen? Hier wird die Angemessenheit der Zinskurve als frühzeitiger Rezessionsindikator deutlich: Wenn die Finanzmarktakteure davon ausgegangen sind, dass die Zinssätze in Zukunft sinken werden, tun sie dies in der Regel, weil sie einen Konjunktureinbruch befürchten. Gerade in solchen Situationen bemühen sich die Notenbanken, die Konjunktur mit tiefen Zinssätzen und einer lockeren Währungspolitik am Laufen zu erhalten.
Muss man sich an der Aktienbörse wirklich auf das Ende des Aufschwunges einstellen, weil die sich langsam abflachende US-Zinskurve eine drohende Krise in den USA signalisieren könnte? In den USA hat die Zinsentwicklung einen anderen Background als oben beschrieben. In den USA steigt das kurzfristige Zinsniveau leicht an.
Wie der Wirtschaftswissenschaftler Martin Hüfner vom Anlagehaus Assenagon aber auch glaubt, reflektiert dies allein die Leitzinspolitik der US-Notenbank, die ihren Leitzinssatz seit einiger Zeit schrittweise aufstockt. Die Notenbank macht dies nicht, um eine überhitzte Wirtschaft (die eigentlich ein Vorboten für eine Krise sein könnte) zu dämpfen.
Die Zentralbanker sind mit ihren Massnahmen eher auf dem Weg, ihre Währungspolitik aus dem bisherigen Krisenzustand zu führen und wieder zu normieren. Auch die Tatsache, dass die US-Zinssätze am so genannten Long End nicht, sondern zeitweise leicht sinken, gibt wenig Anlass zur Sorge: Sicher ist auf jeden Fall, dass kaum jemand am Kapitalmarkt zurzeit mit Zinssenkungen gerechnet hat.
So erwarten die Experten der Commerzbank, dass die Zinskurve in den USA in den nächsten Wochen nicht umkippen wird. Immerhin gibt dieser Frühwarnindikator zur Zeit wenig Anlass zur Besorgnis.
Flache US-Zinskurve deutet noch keine rezessive Entwicklung an
Die immer flacher werdende US-Zinskurve, die sich beispielsweise in einer kontinuierlichen Verringerung der Renditespreads zwischen zehn und zwei Jahren widerspiegelt, könnte ein frühzeitiger Indikator für eine mögliche rezessive Entwicklung sein. Wäre eine rezessive Entwicklung in den USA mit einem Abschwung an den mittlerweile sehr kostspieligen Aktien- und Rentenmärkten verbunden, wäre eine tiefgreifende Krise nicht ausgeschlossen.
Inwieweit ist die Besorgnis, dass eine neue weltweite Krise bevorsteht, groß? Die Zinsstrukturkurve war vor jeder Krise sehr flacher oder gar negativer geworden. Beispielsweise schrumpfte die US-Renditedifferenz seit September 1992 um mehr als 200 Bp. Bis Ende 1994 hatte sie 22 Zähler und damit ihren tieferen Punkt beibehalten.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es in Deutschland seit den 1950er Jahren nur sechs echte Rückgänge, die als Jahre bezeichnet werden, in denen das Bruttoinlandsprodukt geringer war als im Vorjahr: 1967, 1974/75, 1981/82, 1993, 2002/03 und 2008/09 Derzeit haben wir, wie die folgende Graphik verdeutlicht, noch eine recht starke Zinskurve.
Es gibt auch keine weiteren Zeichen einer rezessiven Entwicklung (außer vielleicht die unsichere Situation an den Wertpapiermärkten). Die Inklination der Zinsstrukturkurve in Deutschland ist für die Wirtschaft in Summe noch weniger ein zuverlässiger Frühwarnindikator als in den USA. Die Tatsache, dass die Zinsdifferenz in der Wirtschaftsprognose überhaupt ein Problem darstellt, hat mit ihrer Relevanz für das USUmfeld und damit mittelbar auch für uns zu tun.
Der Laufzeitspread (die Abweichung zwischen den Renditen langfristiger und kurzfristiger Staatsanleihen) ist neben den Realzinssätzen, dem Realzins, der Geldzufuhr, den Darlehen und dem Preisniveau an den Effektenmärkten ein wichtiges Indiz dafür, wie ausladend bzw. einschränkend die Währungspolitik ist. Die Gewinne der Kreditinstitute hängen in zunehmendem Maße von ihren Gebühreneinnahmen ab, aber zumindest genauso stark wie die Unterschiede zwischen den erhaltenen und den zu zahlenden Zinserträgen.
Dementsprechend niedrig ist die Rezessionswahrscheinlichkeit. Eine Verflachung der Zinsstrukturkurve ist im Negativsinne am effektivsten, wenn die Zentralbank die Zinsen als Reaktion oder im Vorfeld unerwünschter hoher Teuerungsraten anhebt. In diesem Fall könnten die Zinsen am Rentenmarkt aufgrund sinkender Teuerungserwartungen sinken und damit den Einfluss auf den Laufzeitspread vom Long End verstärken:
Hinsichtlich der aktuellen Lage in den USA hat die US-Notenbank mehr oder weniger klargestellt, dass sie die Bandbreite des Leitzinssatzes von derzeit 1,00 - 1,25 Prozentpunkten in vier Stufen auf 2,00 - 2,25 Prozentpunkte bis zum Ende des Jahrs 2018 anhebt. Seit Ende letzten Jahres haben sich die Zinsen am Long End des Rentenmarktes leicht rückläufig entwickelt; heute sind es 2,35% für 10-jährige und 1,7% für 2-jährige Anleihen.
Bislang gibt es keine Anzeichen für eine Wende im Aufschlag. Ich denke, das wahrscheinlichste Szenario ist, dass der Begriff Verbreitung wird für zumindest ein weiteres Jahr zurückgehen, vielleicht noch wesentlich mehr, und nur dann würde es ein Zeichen dafür geben, dass eine Krise in einem anderen Jahr bevorsteht - oder nicht. Aus ökonomischer Perspektive hängt es weniger von der Tendenz der Zinsstrukturkurve ab, als davon, wie hoch die realen Zinssätze sind und welche in der Folgezeit sein werden.
Für die tiefen US-Anleiherenditen sind nicht nur die guten Inflationsperspektiven und die moderate Fed-Fondsrate mitverantwortlich. Auf jeden Fall erscheint es für einige Investoren interessant, die europäischen gegen US-Anleihen zu wechseln. Zwar haben die Investoren keinen Anlaß, sich auf eine Krise in den USA aufgrund des Spreads einzustellen, doch trifft dies noch weniger auf die EWU zu.
Damit wird sich das Ende der Zinskurve kaum verschieben. Wenn sich die Inflationserwartung eines Tages endlich erholt, sollten die langfristigen Zinssätze anwachsen. Dadurch verringert sich das Rezessionsrisiko in Europa. Nein, weder die US-Währungspolitik noch die Europapolitik werden eine Krise anstoßen.